Chile 2025
Von Valencia über Madrid und Mexiko Stadt nach Santiago de Chile. Die Flugpreise sind gerade massiv gestiegen, und das war das günstigste was ich nach langer Recherche finden konnte. Sogar Gepäck war bei Aeromexico inkludiert. Aber 28 Stunden unterwegs. Rechne ich noch die Wartezeiten und Busfahrten hinzu, komme ich auf etwa 34 Stunden. Die reine Flugzeit beträgt 20 Stunden. Ohne Umweg wâren es nur 13 Stunden gewesen, aber teurer. So weit die Logik…
Sehr anstrengend sind die zahlreichen Kontrollen, die es mittlerweile überall gibt. War man früher im Transit, ging es ohne weitere Durchsuchungen in den nächsten Flieger. Heutzutage reicht es nicht dass man schon in Spanien zweimal komplett durchleuchtet wird. In Mexiko wurde mir wieder mehrfach mein Trinkwasser abgenommen, und ich stand ewig in der Schlange, da (obwohl im Transit) noch mal mein Reisepass gestempelt werden musste…
Die Ankunft in Chile ging dafür sehr reibungslos von statten. Ärgerlich ist, dass es am Flughafen nur eine Santander Bank gibt, die unverschämte 8,50 Euro für die Geldabhebung am Automaten nimmt. Noch viel schlimmer wird es beim Bargeld wechseln am Schalter. Davon kann ich nur abraten. In der Stadt findet sich eine Banco International. Dort ist das Abheben kostenlos. Bei günstigem Wechselkurs durch die Hausbank gibt es für 1 Euro so ziemlich genau 1000 Pesos.
Der Bus vom Flughafen in die Stadt hat etwa 3 Euro gekostet. Die Fahrt mit der sehr effizienten Metro innerhalb des Zentrums kostet ca 90 Cent pro Fahrt…



3 Tage Rennerei durch Santiago de Chile für das Internet:
So einen Hürdenlauf für eine blöde Sim-Karte hatte ich in keinem meiner 74 bereisten Länder zuvor. Der Erwerb ist einfach. Karten der verschiedenen Anbieter gibt es für 1 Euro inkl.2 GB Internet. Aber die Karte lässt sich nicht aktivieren. Die Datenkrake erkennt sofort dass es sich um ein ausländisches Telefon handelt. Und das muss registriert werden. Bis ich das heraus gefunden hatte vergingen viele Stunden, und ich wurde hin und her geschickt. Dass hier kaum jemand Englisch spricht macht es nicht einfacher, aber auch gut…
Später half mir eine Managerin der staatlichen Telefon-Gesellschaft bei der Registrierung. Es dauerte noch einen weiteren Tag bis ich herausfand dass zusätzlich jemand meine Karte mit seinem chilenischen Pass registrieren muss. Deshalb ist es für Ausländer kaum möglich eine lokale SIM zu nutzen. Die meisten Touris reisen mittlerweile mit einer internationalen E-Sim. Aber das ist nicht nur blöd wenn man die E-Sim von zu Hause ebenfalls nutzen möchte. Die E-Sim kostet auch ungefähr 30 Euro für 10 GB. Die lokale SIM kostete mich 5 Euro für 40 GB und 30 Tage.
Und so gerne ich immer noch das spontane Backpacker Reisen vorziehe, geht es kaum noch ohne Internet. Das zeigt sich um so mehr in einem teuren Land. Als ich mir hier ein paar Sehenswürdigkeiten angeguckt habe, wurde mir wieder klar, dass Niemand mehr ohne Vorbereitung fåhrt. Ich wurde mehrfach blôd angesehen, wenn ich einfach drauf los gelaufen bin und nicht wusste was es hier zu sehen gibt. Aber klar – die älteren Reisenden haben ihre einzelnen „Bausteine“ ùber Agenturen gebucht. Die jüngeren kennen schon im Vorfeld jeden einzelnen Stein in ihrem Reiseland mit Vornamen, da sie Leuten folgen, die schon alles für sie abgeklappert haben. Ich verstehe aber den Wunsch nach organisiertem Reisen, gerade wenn die Zeit knapp ist…
Und dann wird das „sich einfach so treiben lassen“ heutzutage immer mehr betraft, und so habe – wider besseren Wissens – wieder am Anfang Lehrgeld zahlen müssen: Gegenüber des Zentralmarktes setzte ich mich in ein schlicht aussehendes Restaurant. Ich bekam eine Speisekarte ohne Preise. Mein innerer Schweinehund begann sofort zu rumoren. Ich hätte auf ihn hören sollen. Am Ende erhielt ich eine totale Wucherrechnung, die sogar beim Doppelten dessen lag, das ich in Deutschland bezahlt hätte. Ich brauchte W-Lan und saß gegenüber der Markt-Stände, wo sämtliches Obst nur zwischen 1 Euro und 1,50 Euro pro Kilo kostete, egal ob Orangen, Äpfel oder Weintrauben. Da konnten doch 3 Gemüse – Empanadas nicht die Welt kosten… Also muss ich wieder mit mehr Misstrauen reisen und immer fragen, und bei zu hohen Preisen sagen was ich davon halte. Oder eben doch vorab alles organisieren und recherchieren in welchem Restaurant es sicher ist nicht abgezogen zu werden?
Überhaupt habe ich schon mit hohen Preisen in Chile gerechnet. Viele Waren im Supermarkt kosten ähnlich viel wie bei uns. Käse zum Beispiel, Bier ist natürlich teurer. Aber auf dem Markt ist auch der Käse viel günstiger als bei uns. Da stellt sich natürlich die Frage: Wie geht das? Wie schaffen es ausgerechnet Großkonzerne, die garantiert für viel weniger Geld einkaufen als die Marktbetreiber, ihren Kunden absurde Mondpreise anzudrehen? Es winken bei Kartenzahlung aber Rabatte. Ein weiterer Schritt Richtung Verblödung und Abhängigkeit. Aber auch ich mache dabei mit…


Endlich etwas Zeit mir den Aussichtshügel anzuschauen




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Ich kann schon mal festhalten dass mir Santiago de Chile ganz gut gefällt. Es fehlt zwar der Charme anderer südamerikanischer Städte. Ganz klar, es ist etwas sehr europäisch. Aber die Stadt hat einen hohen Freizeitwert, gerade mit den Bergen drumherum.
Wie mir schon in anderen Großstädten Lateinamerikas aufgefallen ist, hat auch Santiago, neben Menschen mit immer mehr Geld, extrem viel Elend. Während der Ansturm auf die Eisdiele für 3,20 pro Kugel enorm ist, finden sich auf jedem noch so kleinem Grünstreifen, in der Mitte einer mehrspurigen Straße, Obdachlose und auch viele Drogenabhängige, sobald man sich nur etwas abseits der Touristenplätze bewegt. Auch die Lage meiner Unterkunft war etwas spucki. Ich habe mich jedoch nie bedroht gefühlt. Und doch, wenn ich nur mal 5 Minuten auf einer Bank auf diesen Grünstreifen sitze, und sich gleich jemand neben mich setzt, mich singend, mit weit aufgerissenen Augen, sabbernd und laufender Nase unentwegt anstatt, dann weiß ich dass ich auch die heutigen Drogen nicht mehr kenne, und die Welt unberechenbarer wird…

Ein Abstecher ins Museum für Erinnerung und Menschenrechte.


Die USA hingegen glänzten damit den Putsch erst möglich gemacht zu haben.
Der deutsche Beitrag dazu ist im Museum als originale Berichterstattung des ZDF vom Putschtag 1973 zu sehen, in deutsch. Das Fernsehteam hat die Putschisten in aller Ruhe begleitet, und während sie filmten wie Soldaten auf den zusammengepferchten Menschen herumtrampelten, sagte der Moderator des deutschen Staatsfernsehen, dass „hier der Bazillus des Marxismus ausgerottet werden müsse“. Großbritannien übrigens hat zum Ende der Diktatur Pinochet Unterschlupf geboten. Er starb ohne auch nur für ein einziges seiner Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden zu sein.
Chile scheint heute noch ein politisch ziemlich gespaltenes Land. Ich hatte den Eindruck dass die Chilenen untereinander lieber politische Gespräche vermeiden.

Noch einen weiteren Einwurf zur deutschen Politik, danach geht es mit Reisen weiter:
Nachdem Pinochets Regime anfangs Deutschland bewunderte, bezeichnete er später die Bundeswehr als eine Truppe von „Marihuanarauchern, Drogenabhängigen, Gammlern, Homosexuellen und Gewerkschaftern.
Und damit habe ich jetzt endlich verstanden warum unser „Verteidigungs“ – Haushalt in ungeahnte Höhen schnellt, und warum uns von Politikern nahegelegt wurde kalt oder gar nicht mehr zu duschen: So ein Lebensstil ist verdammt teuer.

Von einer weiteren Maßnahme unserer Regierung die horrenden Energiekosten zu senken, erfuhr ich gerade von ein paar Iren, die ich auf einer Wanderung getroffen hatte. Ihnen wurde von deutschen Touristen verraten warum es in diesem Winter an Spaniens Küste so voll geworden ist: Durch die Schwemme an Ukrainern sei die Energie in Deutschland knapp geworden. Zur Entlastung gab die Regierung jedem deutschen Rentner 1000 Euro für die Überwinterung im Ausland!
Ob wirklich noch jemand einen finanziellen Anreiz benötigt, dem ganzen Wahnsinn den Rücken zu kehren? Und könnte bitte irgendjemand Leuten, die solch einen Müll verbreiten, 1000 Euro in die Hand drücken, damit sie wenigstens nicht noch die armen Iren in die Irre führen?
Pucon
Pucon ist der totale Touri – Ort. Im Winter hauptsächlich besucht von Ausländern. Wie mir mein Vermieter hier gerade berichtete kommen seine Gäste dann aus allen Teilen Europas, auch aus Australien, Pakistan, Indien, Süd – und sogar aus Nordkorea. Jetzt, im Sommer, machen die Chilenen hier Urlaub und einige Argentinier. Ich habe mich trotzdem erstmal für den Rummel hier entschieden. Denn die Umgebung ist sehr schön, der Ort für Outdoor Sportarten schlechthin und auch unabhängiges Trekking möglich.
Ich habe mich dann für eine 10- stündige Nachfahrt mit dem Salon Cama Bus entschieden. Kostete 25 Euro und hat mir dafür die Unterkunftskosten erspart. Anschließend lief ich eine Weile durch die Straßen und fand schließlich ein Zimmer, wo zwar nur ein Bett reinpasst, aber das nur 15 Euro pro Nacht kostet, Küchennutzung inklusive, was bei den Preisen hier ein muss ist.











Nachdem ich eine Weile durch das Dorf gelaufen bin, konnte ich feststellen dass mir die Touren alle zu teuer sind. Beispielsweise sollte der Vulkantreck etwa 130 Euro kosten, für einen knappen Tagesausflug. Völlig irre, verglichen mit Guatemala. Die Downhilltour vom Vulkan Villarica (im Winter Skigebiet), kostet sogar noch mehr, und auch nur dann wenn sich noch eine zweite Person finden ließe. Zum Glück gehen ja ein paar Wanderungen auf eigene Faust: Ca 30 Minuten Busfahrt von Pucon entfernt habe ich einen Aussichtspunkt entdeckt. Bus hin und zurück liegt bei 4 Euro.





Ein Highlight rund um Pucon ist der Nationalpark Huequehue. Dort dürfen pro Tag aber nur 120 Menschen rein. Ich musste mir online eine Karte kaufen, um zu reservieren. Den nächsten freien Termin gab es erst in 3 Tagen. Zu Sinn und Unsinn von Naturparks habe ich mich schon oft genug geäußert. Der Park hier hat mich knapp über 10 Euro gekostet. Ob das nun viel oder wenig ist kommt immer auf die Sichtweise an. Was ich aber gerade hier nicht verstehe, ist, dass Ausländer mehr als Doppelte bezahlen. Das hat mich schon in anderen Ländern geärgert. Aber Pucon hat dermaßen gepfeffert es Preise, dass die Kugel Eis 3,20 kostet, für einen Cappuccino kann man schon mal 6 Euro und ein Sandwich 15 Euro bezahlen. Alles andere entsprechend. Trotzdem sind die Restaurants voll. Es sind gerade fast nur chilenische Touristen vor Ort, die ich nicht zu der Schicht zählen würde, die von Ausländern quer subventioniert werden müsste…
Aber da ich ja ohnehin noch warten musste fuhr ich am nächsten Tag erst mal nach El Cani, einem privaten Park. Eintritt 3 Euro, Busfahrt auch etwa 3 Euro hin und zurück.
Ich wanderte die Tou zum Gipfel, plus die Lagunenrunde. Das sind etwa 20 km und 1000 hm. Ich musste ziemlich schnell gehen, um am späten Nachmittag den letzten Bus zu erwischen.













Eine sehr anstrengende Tour, die sich aber landschaftlich absolut gelohnt hat. Jetzt war ich platt und musste ja eh noch einen Tag überbrücken. Die heißen Quellen, die es rund um Pucon gibt, waren mir viel zu teuer. Es handelt sich hierbei um natürliche Flüsse mit heißem Wasser, wie ich sie schon dutzendfach in Lateinamerika gesehen habe oder künstlich aufgearbeitete Thermalquellen. Das fängt bei 15 an, für 1,5 Stunden und geht bis 40 Euro. Wahnsinn…
Ich fuhr mit dem Bus zu den Ojos Azules, Eintritt um die 3 Euro. Wieder musste ich ca 6 km Straße laufen und noch mal 2 km Feldweg



Die blauen spots sind schön, es gibt in dem Park außerdem ein paar Picknickbänke. Baden ist verboten, und man läuft auf Holzstegen. Ganz nett, aber nicht mein Favorit der letzten Tage…


Härtetest für die Klumpfüße: Nationalpark Huequehue. Es gibt 3 Routen zu laufen. Für die Gipfeltour haben sich vielleicht 20 Leute über den Tag verteilt entschieden. Dadurch war ich fast den ganzen Tag alleine unterwegs, bei herlichstem Sonnenschein. Die Wanderung geht knapp 20 km hin und zurück, bei 1200 hm auf den 1900 Meter hohen Gipfel. Das besonders Anstrengende daran ist, dass die letzte Stunde hoch mehr oder weniger geklettert werden muss. Aber jeder Meter in der super Landschaft hat sich gelohnt. Und durch die Herausforderung ist die Strecke eben sehr wenig begangen























Eine tolle Wanderung und perfektes Wanderwetter, mi etwa 20 Grad (oben etwas kühler) und viel Sonne. Am nächsten Morgen nahm ich den Bus nach Puerto Vargas. Nach etwa 4 einhalb Stunden war ich nun in Patagonien. Und schlagartig wird man vom Sommer in den Herbst katapultiert.


Puerto Montt liegt nur eine halbe Stunde Fahrt von Puerto Varas entfernt. Ich musste hier eine Nacht bleiben, weil der Bus nach Chaitén, bzw nach Futaleufú, um sieben Uhr morgens von hier fährt. Die Angebote online sind dürftig. Eine Nacht im Schlafsaal soll 25 Euro kosten. Ich musste zunächst zum Busbahnhof, um das Ticket für den nächsten Tag zu kaufen. Ich fragte die Frau am Schalter, ob sie ein günstiges Hostel kennt. Sie gab sie so gleich eine Visitenkarte. Jemand anderes rief dort für mich an. 20 Euro für ein eigenes Zimmer, und ich sagte zu. 20 Minuten später kam ein alter Mann, löste noch ein Parkticket und fuhr mich zu seinem Haus. Das liegt etwa 20 Minuten zu Fuß bergauf, in der Oberstadt. Allerdings ist die Hütte dermaßen abbruchreif, dass ich verstehe, dass sie dort dringend das Geld brauchen. Ich war froh am nächsten Morgen da raus zu kommen.
Puerto Montt liegt, wie auch Puerto Varas, am See. Aber wirklich schön ist die Stadt nicht. Richtung Oberstadt wird es ärmlicher und morgens um 6 Uhr etwas unheimlich, wenn man ausgerechnet an einem Sonntagmorgen durch die leeren Straßen läuft. Insbesondere dann wenn sich wenige Meter weiter ein paar Irre Bierflaschen auf dem Schädel zertrümmern. Letztendlich war ich froh im Bus zu sitzen

Wenn ich den Bus in Chaitén Richtung Futaleufú noch erwischen sollte würde ich dort hinfahren. Nach Chaitén dauert die Fahrt schon allein 9 Stunden. Aber das gute daran ist, dass der größere Teil der Reise auf der Fähre verbracht wird. Der Bus fährt auf der Strecke insgesamt dreimal auf eine Fãhre. Es geht durch Nationalparks und Fjorde. Es war die absolut richtige Wahl den Bus zu nehmen, anstelle der viel teureren Direktfähre, die nur nachts „außen Rum“ fährt. Die Strecke kostete mich 20 Euro, inkl. aller Fjordfahrten, weil es keine überteuerten Ausländerpreise für eine Bustour gibt. Ein eigenes Auto hãtte allein auf der kürzesten Fähre 30 Euro gekostet Bis hierher war es daher nicht die schlechteste Wahl die Carretera Austral mit dem Bus zu befahren. Leider hatte ich einen Regentag erwischt. Aber trotzdem ein Erlebnis…









In Chaitén erwischte ich noch den Bus nach Futaleufú. Nach 4 Stunden Rumpelfahrt erreichte ich den Ort an der argentinischen Grenze, der vor allem für extrem schnelles Wildwasser bekannt ist. Die Touren sind mir mit 80 bis 120 Euro jedoch zu teuer. Außerdem haben wir gerade wieder viel Regen und Temperaturen von höchstens 13 Grad. Am nächsten Tag machte ich mich auf zu einer mehrstündigen Wanderung, mal wieder viele hm bergauf, Condor Aussichtspunkt. Der Weg ist kostenlos.











Der Bus nach Puyuhualpi fährt nicht jeden Tag. Gesamtfahrzeit mit Umsteigen ein Tag


15 km entfernt befindet sich der Eingang zum Queulat Nationalpark. Hier regnet es zwar grundsätzlich viel, aber am nächsten Tag war immer noch nicht an einen Ausflug zu denken. Der Park musste sogar nach zwei Stunden schließen, da die Gefahr bestand dass sich Fahrzeuge auf dem Weg dorthin fest fahren. Aber schließlich hatte der Dauerregen nachgelassen. Der hängende Gletscher dort ist spektakulär. Er musste daher aus verschiedenen Perspektiven hier rein. Zudem ist der Park gerade schlecht besucht. Auf den meisten Wegen war ich alleine unterwegs.








Ca weitere 5 Stunden auf der Carretera Austral nach Coyhaique. Das ist die letzte etwas größere Stadt für die nächsten 1200 km (Punta Arenas). Die Landschaft ändert sich immer wieder, und auch der Nationalpark um Coyhaique ist ganz schön. Aber die Stadt ist einfach Stadt, und ich habe es bei zwei Fotos der Umgebung und eines aus der Reihe außergewöhnliche Denkmäler belassen


Jetzt liegt etwa die Hälfte der Carretera Austral hinter mir. Dann geht es für die restliche Strecke mit dem Fahrrad weiter. Ich hatte mich dazu entschieden nicht die ganze Strecke mit dem Rad zu fahren und es bisher nicht bedauert. Zum Radfahren fand ich es bisher nicht so spektakulär. Die meisten lassen sowieso den Teil zwischen Puerto Montt und Chaitén aus und nehmen die Fähre. So richtig begeistert bin ich nicht gerade morgen loszufahren. Es ist kalt, regnet immer wieder und die Straße ist ab hier nicht mehr geteert und durch den vielen Regen wohl in einem sehr schlechtem Zustand. Bis nach Villa O’Higgins liegen 604 km und 6909 Höhenmeter vor mir – ohne Umwege zu den Wanderungen. Es wird zwischen manchen Tagesetappen kein Internet, keinen Empfang und nur die Möglichkeit zu zelten geben. Essen muss ich für ein paar Tage mit schleppen. Vielleicht hätte ich doch den ersten Teil wählen sollen. Aber wenn es keinen Dauerregen gibt bin ich schon ganz zufrieden…
Hundstage…
Seit einigen Tagen bleibt nicht mehr viel Nahrung im Körper und wird zum Start nicht besser. Das Fahrrad habe ich online bestellt und viel Geld dafür bezahlt. In 2 Wochen muss es in Villa O’Higgins sein. Der Mechaniker in Coyhaique, wo ich es abholen soll, rät mir gleich bis zur Laguna Chiguay durchzufahren. Die liegt 60 km weiter und 800 Meter höher als Coyhaique. Gut gebrüllt, Löwe – denke ich. Denn es ist bereits 13:30 Uhr. Die meisten würden nur die 35 km bis El Blanco fahren. Dort wäre ich aber schon in 2 Stunden. Es gäbe auch Rückenwind. Selbst wenn mein Körper noch alle notwendigen Mineralien hätte, halte ich diese Angaben für übertrieben. Ich habe mir die Steigungen vorher angesehen und glaube nicht dass es viele schaffen ein Tempo von fast 20 kmh zu halten. Erst recht nicht bis zur Laguna. Trotzdem fühle ich mich nach kurzer Fahrt uralt, als ich feststelle wie langsam ich bin. Das ändert sich als ich die ersten (halb so alten) Bikepacker überhole. Trotzdem bin ich erst nach 3 Stunden in El Blanco und völlig platt. An diesem Tag wehte ein fetter Sturm. Der kam zwar auch oft von hinten, wechselte aber auch gerne die Seiten. Etwa 20 Prozent der Fahrer halten sich nicht an die Abstandsregelung und kommen zudem mit etwa 100 kmh angebrettert, was mich die Landschaft nicht genießen lässt und Stresshormone freisetzt. Besonders dann, wenn mich Sturmböen immer wieder nach links drücken. Und nicht zu vergessen, dass ein mit 5 Meter Abstand fahrender LKW bereits 90 Dezibel verursacht. Und nicht selten bleiben die bei unter 2 Metern…
Es war sonnig an diesem Tag. Aber der Wind ist eiskalt. Es fühlt sich an wie an einem saukalten, aber sonnigen Wintertag in Norddeutschland – falls daran noch irgendjemand erinnern kann.
In El Blanco habe ich dann mein Zelt aufgeschlagen, auf einem Bauernhof, der Wiese mit kleinen Dächern für Zelte für 8 Euro vermietet. Dann musste ich feststellen, dass meine sauteure und für die nächsten 2 Wochen an manchen Tagen unverzichtbare Matratze nicht mehr da ist. Ich verliere so was nicht mehr. Wenn ich ein Hostel verlasse, sehe ich immer unter dem Bett und überall nach, ob dort noch was liegt. Gelegenheit zum Klauen gab es genug. Ich konnte die Sachen oft nicht wegschließen. Die Besitzerin schenkte mir immerhin noch eine der silbernen, 1 cm dicken „Rettungsmatten“. An Schlaf war kaum zu denken. Der Boden ist bei knapp über Null viel zu kalt und natürlich auch zu hart. Ich kann ab jetzt nur versuchen immer so weit zu fahren bis ich eine feste Unterkunft finde, was spàter nicht mehr möglich ist und mich jetzt zu langen Touren zwingt. Eine neue Matte wird schwer finden sein. Richtung Süden kommt erst mal nicht viel.

Völlig kaputt mache ich mich am nächsten Morgen auf. Ich muss es bis nach Villa Cerro Castillo schaffen. Erst dort gibt es wieder Betten. Das sind etwa 60 km und 1000 Höhenmeter.












Die App ioverlander erweist bei der Unterkunftssuche gute Dienste. Aber da sie hier alle verwenden, ist es keine Überraschung, dass ich bei einem Restaurant, dass auch Zimmer vermietet und nicht in der App aufgelistet ist, für hier günstige 15 Euro unterkomme. Am nächsten Tag mache ich mich auf zum “ Geheimtipp“. Der Gletscher Cerro Castillo und seine Trekking Möglichkeit wird oft mit Torre del Paine verglichen. Zum Parkeingang muss ich 4 km ùber extreme Rumpelstrecke mit dem Rad fahren. Der Eintritt für Ausländer beträgt hier sportliche 18 Euro, für Inländer mal wieder weniger als ein Drittel. Da ist D.Trump mit seinen 15 Prozent ja noch billig..










Der Gletscher war tatsächlich ein Highlight. Für den Rückweg habe ich statt 3 nur anderthalb Stunden gebraucht. Eine Strecke ist 6,5 km lang – bis zum Kraterrand. Dabei müssen 1000 Höhenmeter überwunden werden. Gut für’s Ego, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Knochen hier noch ne Campingausrüstung mit schleppen könnten…
Morgen soll es mit dem Fahrrad weiter gehen. Das Wetter ist gerade gut.
Der Besitzer meiner Unterkunft erzählt mir noch dass nicht mehr viele Radler unterwegs sind. Jetzt kommen gerade sehr viele Deutsche mit ihrem Camper. Ich stelle mir eine ähnliche Situation wie in Spanien vor. Bei den letzten 2 Jahren müssen sich die Deutschen gedacht haben, wir haben zwar keine Bunker aber dafür Camper. Aber sie haben wohl nicht berücksichtigt, dass wohl kein Land der Welt gerne 84 Millionen Camper aufnehmen möchte…
Nun, die Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen kann ich bisher an einer Hand abzählen. Davon kommen die meisten aus Chile, Argentinien oder Brasilien…


Raser schleudern immer wieder Steine durch die Gegend, einer fliegt knapp an meinem Kopf vorbei. Ich werde außerdem in eine Staubwolke gehüllt. In einer extrem engen Kurve verliert ein Idiot sogar die Kontrolle über seinen Jeep und kommt mir mit der Breitseite entgegen geschleudert. Im letzten Moment kann er noch gegenlenken. Warum werden die Karren immer größer und das Hirn immer kleiner? Jedenfalls sind alle Strapazen die die Natur mit sich bringt (ich war für Patagonien ja schon auf einiges eingestellt) meistens noch zu ertragen. Die Autofahrer sind es nicht. Und das kann sich niemand vorstellen, der nie auf solchen Straßen Fahrrad gefahren ist!












Nach insgesamt 80 km erreiche ich schließlich Puerto Rio Tranquilo und übernachte bei Jemandem der Radfahrern seinen Garten für umsonst zum Zelten anbietet. Während ich teilweise sehr schnell unterwegs war, sind die letzten 30 km die Hölle: Nur Waschbrettstraße, viel zu viel Kies und viel zu viel Staub. Das passt nicht immer zur farbenfrohen Landschaft. Ich könnte natürlich diese traumhafte Landschaft ohne Kommentar so stehen lassen. Aber das hier ist ein Reisebericht und keine MärchIch schlage mein Zelt auf, und nehme die Iso-Matte in Empfang, die ich verabredungsgemäß einen anderen Radler abkaufe. Klar, sie wurde schon benutzt. Von Alaska bis hierher…




















Es gibt ein paar Fotos mehr, da die Marmorhöhlen schon was besonderes sind. Aber natürlich eine Tour…
Ich habe nicht weiter versucht in die Nähe weiterer Gletscher zu trampen. Mit den zwei Wochen Fahrrad leihen habe ich mich selbst etwas unter Druck gesetzt. So viel Zeit bleibt nicht mehr. Aber auf der anderen Seite reicht es auch langsam mit hohen Preisen. Darüberhinaus gibt es hier nichts zu tun wenn das Wetter nicht mitspielt. Also wieder auf den Drahtesel















Ankunft in Tortel. Das Dorf hat keine Straßen. Es gibt nur Holzstege und Holztreppen. Alles sehr steil. Dann fängt es an ordentlich zu regnen. Ich nehme mir ein Hostelzimmer für 20 Euro, denn es wird außerdem schweinekalt und stürmisch. Die Wände sind dünn, das Badezimmer verschimmelt und es ist auch innen nicht besonders warm, da ich immer darauf warten muss, dass jemand ein paar Hokzscheite für den Ofen spendiert.





Das Unwetter dauerte 2 volle Tage und hat meine Pläne geändert. Meinen Flug von Él Calafate, Argentinien, hatte ich bereits gebucht. Von Tortel fährt einmal pro Woche eine Fâhre nach Puerto Natales, dem nächsten Ort zum berühmten Torre del Paine. Die Fahrt dauert, je nach Wetter, 3 Tage und 2 Nächte, kostet für Ausländer fette 150 Dollar – nur für die Person. Die zweite Variante Richtung Süden geht über Villa O’Higgins, das nochmal 150 km südlich liegt. Da musste ich aber eh zwingend hin, um das Fahrrad abzugeben. Aus dem Grund, aus Kosten – und Kâltegründen etc musste ich mich für Torres del Paine oder Fitz Roy (El Chaltén) und evtl Perito Moreno Gletscher (El Calafate) entscheiden. Für El Chaltén sprach außerdem, dass man vom Dorf aus verschiedene tolle Wanderungen unternehmen kann. Auch die Reise von Villa O’Higgins nach El Chaltén ist viel abenteuerlicher als die Autofähre von Tortel nach Puerto Natales.
Durch das schlechte Wetter wurde nun die Zeit knapp. Ich hatte mitbekommen, dass die Fähre von Villa O’Higgins Richtung Argentinien seit einer Woche wegen starker Winde nicht mehr fuhr. Es bestand die Gefahr meinen Flug zu verpassen, sollte das so weiter gehen. Jetzt waren gerade ein paar Sonnentage angesagt. Ich habe kurzerhand die Mitnahme meines Fahrrads im Bus organisiert. Und auch der fährt nicht jeden Tag von Tortel nach Villa O’Higgins.









Nach etwa halber Strecke war Schluss: Vorderachse gebrochen. Ich war schon darauf vorbereitet mit dem Fahrrad weiter zu fahren, hätte irgendwo wild campen mûssen. Unterkünfte gibt es auf dem letzten Teil der Carretera Austral keine mehr. Da kam ein riesiger LKW mit Straßenarbeitern des Weges und nahm ein paar Touristen und mich mit…









Que te vayas bien – das es dir gut geht. (Sinngemäß übersetzt) Das ist hier die übliche Verabschiedung und wohl schöner als „tschüss“ oder „tschö mit ö“.
Jetzt noch mal ein kleines Fazit zu diesem Teil von Patagonien:
Das besondere an der Carretera Austral ist die unglaubliche Länge ohne Industrien und wilder Natur. Die trails, die (leider mit riesigen Abständen) zu Gletschern oder einfach nur in die Berge führen sind für mich aber noch eindrucksvoller als nur der Blick von der Straße aus. Zum Verkehr hier und Rücksichtslosigkeit gegenüber Radfahrern habe ich schon viel geschrieben. Ich habe in den letzten Wochen zwischen 20 und 30 Radler getroffen. Alle bestätigten mir die gleichen Empfindungen zu Wetter, Verkehr oder Straßenzustand. Auch wenn es sich in Reiseberichten immer ganz anders darstellt. Der Großteil der Radfahrer ist zwischen 20 und 30 Jahren alt. Viele Franzosen, einige Deutsche, US- Amerikaner, Brasilianischer usw. Die meisten haben ihr eigenes Fahrrad dabei und machen eine Reise über Patagonien hinaus. Aber ich habe auch viele gesehen, die sich immer mal wieder shutteln lassen haben, häufig von irgendwelchen Pickups. Zwei Kalifornier hatten das Experiment gewagt sich neue Mountainbikes für je 400 Dollar in Santiago de Chile zu kaufen. Nach kurzem traten schon die ersten technischen Probleme auf. Der nicht untrainierte Waldbrandmeister hatte sich zudem einen Anhänger zugelegt und damit sein Gepäck transportiert. Nach wenigen Tagen hat er den Anhänger wieder verkauft. So viel zur Carretera Austral. Für viele ist die Straße in erster Linie Herausforderung, fast ein Wettbewerb. In Tortel kam eine 67-jährige, chilenische Rollstuhlfahrerin in mein Hostel. Sie hatte bereits die Strecke von der Spitze Feuerlands hieher zurück gelegt. Sie hat aber auch schon an Olympiaden teilgenommen und fährt noch Marathons. Den Rollstuhl hat sie sich vor 25 Jahren selbst zusammengeschweißt. Die täglichen km liegen bei 11 bis 15 km pro Tag, was mit dem Gefährt aber richtig viel ist. Dann lässt sie sich wieder von Autofahren mitnehmen, was gut klappt. Aber unterwegs muss sie immer einen Helm tragen, weil auch für sie kein Fahrer die Geschwindigkeit drosselt…
Eigentlich habe ich eine gute Zeit erwischt. Der „Sommer“ war hier viel verregneter als jetzt im März. Es hat mich gewundert wie zuverlässig die Wettervorhersage die ganze Zeit war Außerdem waren vor ein bis zwei Monaten noch die Massen unterwegs. Ich möchte mir gar nicht vorstellen zu dieser Zeit hier zu fahren.
Eine interessante Reise. Aber die ganze Zeit auf Autostraßen brauche ich definitiv nicht. Erst recht nicht mit dem Fahrrad. Jetzt freue ich mich auf ein paar Wanderungen…
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